Am 19. Februar 1919 – vor gut 100 Jahren – sprach Marie Juchacz als erste Frau in einem deutschen Parlament. Gemeinsam mit ihr waren kurz zuvor 36 weitere Frauen in die Weimarer Nationalversammlung gewählt worden. Seit November 1918 galt erstmals das aktive und passive Wahlrecht für Frauen.

Paula Maria Kirschner, Schauspielerin am Landestheater Niederbayern, ließ die Person Marie Juchacz zu den Wochen zur Demokratie nun in einer Lesung wieder lebendig werden. Die Zuhörerinnen und Zuhörer durchlebten gemeinsam mit Juchacz die ersten Jahrzehnte des 20. Jahrhunderts. Kirschners Lesung war dabei Psychogramm und Panorama der Zeitläufte zugleich. In ihrer Textauswahl zeichnete sie das dichte und eindringliche Bild einer Frau, deren Leben mit den politischen Ereignissen und Entwicklungen der damaligen Zeit eng verbunden, das immer wieder aber auch von persönlichen Umständen und Schicksalsschlägen geprägt war.

Die Lesung zeigte eindrücklich: Marie Juchacz war nicht nur die Frauenrechtlerin, Sozialdemokratin und Begründerin der Arbeitswohlfahrt, als die sie heute bekannt ist, sondern etwa auch alleinerziehende Mutter, die in ihrer Schwester Elisabeth eine wichtige Wegbegleiterin hatte – bis diese 1930 plötzlich verstarb. Noch 1932 hielt sie eine flammende Rede gegen die aufziehende Herrschaft des Nationalsozialismus, die in erschreckender Klarheit die Zukunft Deutschlands prophezeite. Mit Beginn des zweiten Weltkrieges floh sie dann nach Paris, später weiter nach New York, wo sie 60-jährig noch einmal eine neue Sprache erlernen musste.

Peter Tilch – der die Lesung an Saxophon und Klarinette begleitete – vermittelte den Gästen die Stationen ihres Lebens, den Weg in das Berlin der Jahrhundertwende, die goldenen 1920er Jahre bis zur Weltwirtschaftskrise, aber auch das Exil in New York immer wieder in atmosphärisch dichten Klangbildern.

Nach Abschluss der Lesung hatten die rund 40 Gäste bei einem Glas Wein Gelegenheit zum weiteren Austausch.

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